Ja, ich will ...


Ein sehr interessanter Artikel von Simon Rinner im Kirchenblatt vom 15. Mai 2014

 

Sucht man im Internet nach dem Begriff „Eheseminar“ findet man dort - neben zahlreichen Angeboten - oftmals die Frage, warum dieses (immer noch) verpflichtend ist. Und was es bringen soll. Gute Fragen, denen das Kirchenblatt nachgegangen ist.

 

Will man in Vorarlberg kirchlich (römisch-katholisch) heiraten, kommt man am Eheseminar nicht vorbei. Eine Tatsache, die vielen zukünftigen Ehepaaren zunächst widerstrebt. „Wie viele Menschen würden den Führerschein machen, wäre er nicht verpflichtend?“, hält Edgar Ferchl-Blum, Leiter des Ehe- und Familienzentrums (efz) der Diözese Feldkirch, dem entgegen. Und als eine Art „Fahrschule“ könnte man das Eheseminar wohl durchaus sehen. 

 

Zeitverschwendung?

Anfängliche Vorbehalte gegen dieses „Pflichtseminar“ hatten auch Andrea Kampel und Matthias Trummer, die im August heiraten werden. Der Grund? „Viele haben gesagt, dass es zwar ein netter Tag war, sie aber nicht viel mitnehmen konnten“, erklärt die Volksschullehrerin. Zeitverschwendung also? Anfang April haben sie das Eheseminar „hinter sich gebracht“ und konnten feststellen: Es war tatsächlich ein „Wellnesstag für die Beziehung“. Unter diesem Motto stand das Eheseminar, das sie gemeinsam mit neun anderen Paaren im Bildungshaus Batschuns besuchten nämlich. Und trotzdem war es ein „Tag - nur für uns zwei“, sind sich die beiden einig.

 

Vier Themenbereiche

Vier große Themenbereiche stehen beim Eheseminar auf dem Plan: Herkunftsfamilie, Kommunikation, Sexualität und Natürliche Empfängnisregelung sowie Ehe als Sakrament und persönlicher Glaube im Ehealltag. Den Anfang machte dabei eine Vorstellungsrunde, in der man den anderen z.B. erklärt, wann man seinen Partner zum ersten Mal gesehen hat, was an ihm faszinierend ist und was man an ihm schätzt. So private Gefühle mit fremden Menschen zu teilen, fällt zwar nicht leicht, schafft aber eine besondere Atmosphäre, erklärt Trummer. 

 

Eh klar, aber... 

Beim Thema Herkunftsfamilie geht es dann ums Eingemachte, nämlich um Rituale, Werte und Normen, die einem von der Familie vermittelt wurden. Gemeinsam wird überlegt, was man davon in die zukünftige eigene Familie mitnehmen oder anders gestalten möchte. Ein Thema, das den beiden besonders in Erinnerung geblieben ist, ist die Kommunikation - und welche Fehler man dabei machen kann. „Natürlich war theoretisch vieles schon klar und nicht mehr neu, aber wenn es einem bewusst gemacht wird, denkt man nochmals darüber nach“, erklärt der Sportmittelschullehrer. 

 

Bewusst machen

Doch wie muss man sich so ein Eheseminar denn nun vorstellen? „Super strukturiert und abwechslungsreich“, lächelt Kampel. Selbstverständlich stehen auch Gruppenarbeiten mit auf dem Programm, in erster Linie geht es aber um das Paar selbst. „Man erhält einen Impuls und hat dann Zeit zu zweit darüber zu sprechen“, erklären die beiden. Wäre man zu Hause, würden wahrscheinlich die Hausarbeit oder Korrekturarbeiten dazwischenkommen. So aber „haben wir uns angeschaut, und über alles Mögliche geredet. Themen, über die wir uns eigentlich noch nie Gedanken gemacht haben, die aber wichtig sind“, unterstreicht das Paar. Und auch wie wichtig Zeit füreinander ist, haben sie gelernt - selbst oder vor allem wenn dann eine Familie und Kinder da sind. „Mich hat es bestärkt in dem Weg, den wir einschlagen“, fühlt sich Kampel bestätigt. 

 

Sakrament der Ehe

Doch das Eheseminar zeigt nicht nur die Möglichkeiten einer Ehe auf, es macht auch bewusst, dass es nun „ernst“ wird, erklärt Trummer. Insbesondere dann, wenn es um die Ehe als Sakrament und den persönlichen Glauben im Ehealltag geht. Schließlich ist das Ehesakrament das einzige Sakrament, das sich Christen selbst spenden können. Gemeinsam wird in der Gruppe besprochen, welche Bedeutung das Gelübde hat, warum der Ring das Symbol für die Ehe ist und was „Treue bis in den Tod“ für einen persönlich bedeutet. 

 

Authentisch

Einen ganzen Tag haben die beiden Lehrer in das Gelingen ihrer zukünftigen Ehe investiert. Unterstützt wurden sie dabei von einem Referenten-Ehepaar, das auch persönliche Beispiele anführte, um die Theorie zu veranschaulichen. „Ich hatte das Gefühl, dass sie glücklich miteinander sind, das gut managen und sich wirklich an das halten, was sie da erzählen“, ist Trummer begeistert. Ohne dabei aufdringlich zu sein. „Ich fand es gut, dass ein Ehepaar das Seminar leitet, denn die leben wirklich in einer Ehe und wissen, wie´s läuft“, bestätigt auch Kampel. 

 

Kreativ

Neben den zahlreichen Impulsen, Gruppendiskussionen und Paar-Gesprächen blieb auch Zeit für Kreatives. Das Aufmalen der Herkunftsfamilie, eine gegenseitige Handmassage oder das Verfassen von Liebesbriefen zum Beispiel, die am Hochzeitstag getauscht werden sollen. „Das Eheseminar hat uns viel gebracht“, sind sich die beiden einig. Einen ganzen Tag ohne Ablenkung miteinander zu sprechen, war für die Partnerschaft sicherlich etwas ganz Bereicherndes, erklären sie - auch wenn am Anfang Bedenken da waren. Ähnlich erging es auch den anderen Teilnehmer/innen, erinnern sich die beiden.

 

Kritik

Einziger Kritikpunkt ist die Anzahl der teilnehmenden Paare - in dem Fall gilt wohl „weniger ist mehr“. Auf die Frage, ob sie das Seminar auch gemacht hätten, wenn es keine Pflicht wäre, folgt eine schnelle Antwort: Nein! Auf die Frage, ob sie es nun weiterempfehlen können, ebenfalls: Ja! Ob sie in ihrer Ehe auch anwenden können, was sie gelernt haben? Das Kirchenblatt bleibt dran.